Revolution und exotische Zutaten. Peruanisches Craft Beer in den sozialen Medien.

Peru ist mittlerweile ein sehr beliebtes Urlaubsland bei deutschen Touristen. Sagenumwoben und spektakulär ist beispielsweise der Machu Picchu. Auch der Pisco Sour darf bei einer Peru Reise nicht fehlen.  In diesem Blogbeitrag geht es weder um den Machu Picchu, noch um das Nationalgetränk der Peruaner, sondern um peruanisches Craft Beer. Bier verbinden wahrscheinlich eher wenige Deutsche mit Südamerika und Peru aber, wie sie anhand dieser Social Media Analyse gleich erkennen werden, ist der Craft Beer-Trend auch in Peru angekommen und spielt eine immer größere Rolle.

Also, bei der nächsten Reise sollten sie auf jeden Fall ein peruanisches Craft Beer probieren! 

In Peru versteht man übrigens dasselbe wie in Deutschland unter Craft Beer –  nämlich, dass kleine Brauereien basierend auf Wasser, Hopfen, Gerstenmalz und weiteren regionalen Zutaten auf eine natürliche, handwerkliche Art und Weise Bier brauen und sich von Großbrauereien auf vielfältige Art und Weise abgrenzen.

In diesem Blogpost möchten wir einen Einblick in den peruanischen Craft-Beer-Markt geben: Wie entstand der Craft Beer Trend? Welche Bierstile und Geschmacksrichtungen sind momentan angesagt? Wie kommunizieren die Marken? Und wer trinkt überhaupt Craft Beer in Peru? 

Wir haben eine Social-Media-Analyse durchgeführt, um Insights über peruanisches Craft Beer herauszufinden. Dazu haben wir ein Social Media Monitoring Tool benutzt und die Ergebnisse quantitativ und qualitativ analysiert.

 

Wie entstand der Craft-Beer-Trend in Peru?

Das erste Craft Beer wurde 2004 unter dem damaligen Namen Mushna (nach einer Namensänderung heute 7 Vidas) gebraut und auf den peruanischen Markt gebracht. Ernesto Silva Toledo und Milkov Machaca Valenzuela beschlossen zwei Jahre zuvor, ihr eigenes Bier zu brauen, inspiriert und angeleitet von Informationen aus dem Web. Zunächst teilten sie ihr Craft Beer mit Freunden, danach dauerte es nicht lange bis sie ihre erste Bestellung für eine Hochzeit bekamen. 

Der eigentliche Craft-Beer-Trend begann in Peru aber erst 2011 – später als beispielsweise in den USA und Europa. Vor allem die Marke Barbarian ist hier mitverantwortlich. Gelangweilt vom immer ähnlicher werdenden Geschmack der industriell gebrauten Biere, hatten sich die Gründer von Barbarian dazu entschieden, ihr eigenes Bier zu brauen. Mit Erfolg, denn heute ist Barbarian eine der bekanntesten Craft-Beer-Marken in Peru. 

Die Motivation der peruanischen Craft Beer Brauer unterscheidet sich kaum von ihren europäischen Braukollegen: Liebe zum Bier, Liebe zu handwerklich, gebrauten Bier, Experimentierfreude, die Idee des „Act Local“, um damit die lokale Gemeinschaft und Traditionen zu unterstützen. 

 

Ein weiterer Grund für diesen Trend war der zeitgleich aufkommende Premiumbier-Trend. Peruaner interessierten sich immer stärker für internationale Biere wie Corona aus Mexiko oder Delirium aus Belgien. Diese und andere Biermarken sind meist viel teurer als die herkömmlichen, peruanischen Industriebiere. Insofern wurden peruanische Konsumenten mit höheren Bierpreisen konfrontiert. Diese Biere stellten somit ein Statussymbol dar. Craft Beer bedeutet eine weitere Premiumisierung, denn die Preise sind teilweise sechsmal so hoch (z.B. Curaka) wie die „normalen“ Biermarken beispielsweise das in Peru populäre Cristal. Craft Beer ist viel stärker ein Genussmittel, das bewusst getrunken und verkostet wird. Das heißt, der höhere Preis und ein sich verändertes Biertrinkverhalten gehen einher. 

In Peru gibt es aber noch eine Besonderheit: Die hohen Preise kommen nicht nur durch die handwerkliche Zubereitung zustande, sondern auch durch eine besondere Konsumsteuer, bei denen die kleinen Brauereien stärker als die Großbrauereien belangt werden. 

Ein weiterer wichtiger Grund für die wachsende Bedeutung und den Erfolg von Craft-Beer hat mit der allgemeinen Wertschätzung und den Erfolgen peruanischer Spitzenköche und Spitzenrestaurants zu tun. In Lima gibt es mittlerweile mehrere weltweit bekannte und hochdekorierte Restaurants, die den Stellenwert von hochwertigem Essen in der peruanischen Gesellschaft repräsentieren, aber auch Einfluss auf Essen und Getränken als Statussymbol mitprägen. In diesem Gesamtkontext werden auch Getränken wie Bier eine höhere Wertschätzung beigemessen und handwerklich produziertes Craft Beer gewinnt an Bedeutung.

Regionalität, Rückbesinnung auf Handwerkskunst, Abkehr von industriell hergestellten Lebensmitteln ist sicherlich ein Megatrend, der in Peru, aber auch in anderen südamerikanischen Ländern eine wichtige Rolle spielt. Es gibt aber peruanische Besonderheiten.

 

Ausgefallene exotische Zutaten: Von Ingwer bis hin zu Lucuma

Die Besonderheiten der peruanischen Küche zeigen sich auch bei den peruanischen Craft Beers. Peruanische Craft Beer-Brauer lieben es, zu experimentieren und – für den europäischen Gaumen – exotische Zutaten zu nutzen.

Hierbei werden neben den Grundzutaten Chilisorten wie Baumchili (Rocoto) und Kirschchili (Ají cerezo) genutzt. Außerdem gibt es Quinoa Bier oder Geschmacksrichtungen wie Garten-Fuchsschwanz (Kiwicha), Bienenbrot, Loche-Kürbis, Ingwer und Chicha-Maisbier (Chicha de jora). Als exotische Früchte werden etwa Lucuma, Sternfrucht und Cocona verwendet. Aber auch Coca-Blätter werden dem Craft Beer zugesetzt.

 

Kommunikation: Sei ein Rebel!

Die peruanischen Craft Beer-Brauereien ermuntern die Konsumenten mit ihrer Werbung, Mut zu haben, Regeln zu brechen und Stereotype über Bord zu werfen. Dieser eher rebellische Kommunikationsstil und das Herausstellen des Anders seins ist eine typische Craft Beer Brauer Haltung, die sich in der Kommunikation widerspiegelt und immer wieder bei europäischen und nordamerikanischen Craft Beer Brauern zu finden ist. Bei den peruanischen Craft Beers drückt sich das zum Beispiel durch Etiketten aus, auf denen wilde Tiere oder gotische Zeichnungen zu sehen sind oder aber auch anhand von Claims wie: „Wir sind nicht mehr im Alter, um Wünsche nicht wahr werden zu lassen“, „Um etwas zu erreichen, dass du noch nie erreicht hast, wirst du etwas machen müssen, dass du noch nicht gemacht hast“ oder „Folgt keinen Stereotypen und macht die Revolution heute und immer“. Auf Websites wie die der Barbarian Brauerei wird die Revolution ausgerufen und die Bildsprache erinnert eher an eine Rockband als eine Brauerei. 

 

Über Craft-Beer-Konsumenten und ihre Lieblingsmarken

In einem weiteren Analyseschritt haben wir uns angeschaut, wer über Craft Beer in den sozialen Medien schreibt, diskutiert und postet. Auf Basis von diesen Posts und den dazugehörigen Accounts haben wir 3 Typen ausfindig gemacht, die wir im Folgenden kurz beschreiben. Es handelt sich um qualitative Typen.

 

Die Biergeeks trinken mehrfach in der Woche verschiedene peruanische Craft Beer Marken, aber auch internationales Craft Beer wie Fuller’s, Sierra Nevada und Lagunitas. Sie sind wahre Bier-Fans und haben sich ein großes Wissen angeeignet. Sie können unterschiedliche Bierstile, Hopfensorten und Brauarten unterscheiden und philosophieren gerne über das Thema Bier. 

Die Biergeeks folgen Craft Beer Marken wie Nuevo Mundo, La Candelaria und Maddok. Zudem trinken sie meistens Craft Beer, was quasi wie eine Lebenseinstellung für sie ist. Bier ist kein Getränk, um sich zu betrinken, sondern ein absolutes Genussmittel. Die in den sozialen Medien aktiven peruanischen Biergeeks sind zwischen 30 und 40 Jahre alt.

 

Die Kosmopoliten konsumieren unregelmäßig Craft-Beer-Marken. Sie sind neugierig, aber nicht so leidenschaftlich wie die Biergeeks. Craft Beer ist ein Statussymbol, weil es teurer ist und man auch eine Art Kennerschaft dadurch ausdrücken kann. Außerdem trinken sie internationale Biermarken wie Guinness, Corona und Miller. Neben Bier schätzen sie auch die internationale Küche wie Pizza, Pasta und Burger. Anhand der Social Media Aktivitäten lässt sich erkennen, dass die Selbstdarstellung wichtig ist und durch das Posten von Essen, Getränken oder allgemein von Genuss-Situationen ein bestimmter Lebensstil zelebriert wird. Zudem reisen sie gerne ins Ausland, aber auch innerhalb von Peru. Sie sind zwischen 20 und 50 Jahre alt.

 

Den dritten Typ kann man als die Neugierigen bezeichnen. Für sie steht das Ausprobieren im Vordergrund. Sie haben sich meist nicht intensiv mit Craft Beer beschäftigt, sondern werden durch die außergewöhnliche Kommunikation, das Flaschendesign, etc. angesprochen und neugierig gemacht. Craft Beer ist ein kleines Abenteuer. Sie probieren Craft Beer, aber eher sporadisch. Preis und Geschmack dürften zu extrem sein. Anhand der Posts lässt sich erkennen, dass dieser Typ eher auf peruanisches Essen steht und die Altersverteilung sehr heterogen ist (zwischen 20 und 60 Jahre).

 

Fazit

Die Ergebnisse zeigen, dass die peruanische Craft Beer Szene viele Gemeinsamkeiten mit anderen Craft Beer Szenen in Nordamerika und Europa hat. Industriell gefertigte Lebensmittel und vor allem von Großbrauereien gebrautes Bier wird verachtet. Handwerkskunst wird großgeschrieben und großer Wert auf die Zutaten gelegt. 

Peruaner sind stolz auf peruanische Spezialitäten und die internationale Wertschätzung gegenüber der peruanischen Küche und Spitzengastronomie ist eine wichtige Rahmenbedingung, die auch Einfluss auf die Entstehung und Verbreitung von peruanischem Craft Beer hat. Die Köche experimentieren immer wieder mit typisch peruanischen Zutaten und das findet man auch bei den Craft Beer Brauern wieder. Aufgrund der Kommunikation, der Geschmacksintensität und der Preise ist Craft Beer kein Massenphänomen in Peru, stellt aber die Großbrauereien vor Imageprobleme. 

 

Autorin:

Claudia Carla Carcamo Ortiz ist Peruanerin aus Lima und studiert seit 3 Jahren an der Hochschule Darmstadt. Im Rahmen ihres Praktikums bei Q hat sie die Social Media Studie über Craft Beer in Peru durchgeführt und diesen Blogartikel darüber geschrieben.

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