Fighting Corona – Ein Zwischenfazit


Wir werden in den letzten Tagen und Wochen immer wieder gefragt, wie es uns als Firma und Team in der Corona-Krise ergeht. Als Mitgründer und Geschäftsführer von Q Agentur für Forschung möchte ich einen persönlichen Blick auf die letzten Wochen werfen und bereits jetzt eine Art Zwischen-Fazit ziehen. Die folgenden Gedanken sind höchst subjektiv, denn eine erste Gewissheit hat sich in den letzten Wochen noch erhärtet: Wenn ich Artikel und Posts lese die von DER Branche oder DEN Marktforschern lesen, dann werden leider wie so oft viele Verallgemeinerungen und Generalsierungen bemüht, die der Vielfalt der Marktforschung überhaupt nicht gerecht werden. Das gilt auch für den Umgang und die Implikationen mit Corona. Aber das nur als Rant zu Beginn.

Wenn ich die Frage „Wie geht es Euch bei Q?“ beantworten will, merke ich sofort, wie schwer es mir fällt, eine klare, einfache Antwort zu geben. Es ist eine Situation, die von Paradoxien, Euphorie und Frust, unternehmerischem Mut und unternehmerischen Sorgen und ganz vielen positiven, glücklichen Momenten geprägt ist. Oder kurz gesagt: Es fühlt sich irgendwie nach bipolarer Störung an.
Die folgenden Phänomene sind mir in den letzten Wochen begegnet und haben mein unternehmerisches Leben seit Ende Februar/Anfang März geprägt.

Social Distancing – das genaue Gegenteil ist wichtig

Leider hat sich sehr schnell der Begriff #SocialDistancing verbreitet. Eigentlich geht es um die räumliche und nicht soziale Distanz. Der Begriff wurde nicht wirklich hinterfragt und so wurde er zum geflügelten Wort und beschreibt gerade das Gegenteil von dem, was ich erlebe und selbst brauche. Corona macht mir bewusst, wie wichtig soziale Beziehungen sind. Ich vermisse den direkten Austausch mit den Kolleg*innen sehr. Eine gemeinsame, spontane Besprechung, weil man gerade einen kreativen Gedanken teilen will. Ein Gespräch in der Küche über Erlebnisse am Wochenende. Einen Kollegen schnell in ein Telefonat mit einem Kunden einbeziehen. Gemeinsam Lachen beim Mittagessen. Sich gegenseitig Sprüche drücken beim Feierabendbier. Das fehlt mir und ist bei allen kreativen, virtuellen Verabredungen und lustigen Situationen nicht zu ersetzen.
Was ich während Corona aber auch erlebe, ist eine angenehme und manchmal auch überraschende Nähe. Die zwischenmenschlichen Beziehungen z.B. zu vielen Auftraggeber*innen sind so intensiv wie nie. Klar, man kommt sich näher. Man blickt über die Home-Office-Video-Konferenz in das Arbeitszimmer, man sieht die Kids im Hintergrund vorbeiflitzen und man tauscht sich über persönliche Dinge aus. Manchmal wichtiger als das Geschäftliche. Trotz Zeitdruck, Anspannung und Home-Office-Überforderung wird es persönlich. Vorherige Beziehungen werden noch stärker, dafür bin ich dankbar.

Resilienz

Letztes Jahr haben wir uns bei Q sehr stark mit dem Thema Achtsamkeit beschäftigt. Wir hatten sogenannte Awareness-Wochen veranstaltet. Eine grundsätzliche Überlegung war damals: wie können wir einen positiven Beitrag zur psychischen Widerstandsfähigkeit des ganzen Teams leisten. Ad-Hoc Marktforschung ist oft nicht richtig planbar. Jeder Tag bringt Überraschungen, spontane Anfragen und Aufträge, Änderungswünsche von Kunden, etc. Das ist einerseits Thrill-Factor, aber anderseits auch eine Herausforderung für das Zeitmanagement. Ich glaube, dass Resilienz eine der wichtigsten Erfolgsfaktoren eines erfolgreichen Teams und somit auch eines erfolgreichen Unternehmens ist. Und das hat uns auch jetzt geholfen: Die Q Crew hat in jeder Sekunde an sich geglaubt. Wir haben in wenigen Stunden mit Partnern wie quotapoint und QuoVadis Studien komplett von Face-to-Face auf digitale Methoden umgestellt. Das ist gelebte, nicht nur in der Unternehmenspräsentation beschriebene, Agilität.
Sicher gab es auch innerhalb der Q Crew Sorgen und Ängste. Man koppelt sich nicht von den Geschehnissen ab. Man merkt, wie die Aufträge „on hold“ gesetzt werden. Man bekommt mit, wie Wettbewerber und Dienstleister über Kurzarbeit reden oder diese umsetzen müssen. Da hilft nur zuhören, reden und einordnen.
Resilienz bedeutet auch, dass wir Corona nicht deterministisch ertragen, sondern der gefühlte Kontrollverlust in positive Energie umgesetzt wurde. Wir haben versucht, die Rahmenbedingungen und Bedürfnisse unserer Kunden zu adaptieren und haben daraus proaktiv Forschungskonzepte entwickelt. Klar, das erfordert Mut und Chuzpe, aber es ist uns gelungen, mehrere Ideen mit Auftraggeber*innen zu besprechen und zu Projekten weiterzuentwickeln. Neben dem wirtschaftlichen Erfolg, ist die motivierende Komponente für das Team nicht zu unterschätzen.

Design Thinking in Real Life: Machen, scheitern, daraus lernen, besser machen

Manchmal habe ich das Gefühl, ich bin in einem überdimensionalen, surrealen Design Thinking Experiment gelandet. Vor ein paar Wochen habe ich ein Interview von einem WHO-Seuchenexperten gesehen. Er meinte sinngemäß, dass man jetzt handeln muss und zwar sofort. Es sei zudem klar, dass Fehler passieren und dass man nicht perfekt sein wird. Aber man hätte keine Zeit für Perfektion.
Wir haben uns bewusst dagegen entschieden, die gefühlt 50. Eigenstudie zu und über Corona zu machen. Erstens sind wir so ausgelastet, dass wir gar keine Zeit dafür hätten und zweitens haben wir uns gefragt, was Menschen in der aktuellen Situation wirklich helfen könnte. Deshalb haben wir zwei Linksammlungen (Home Office und Kultur) innerhalb von kürzester Zeit veröffentlicht, die Familien und Home-Office-Geplagten neue Ideen, Abwechslung, Orientierung und Hilfestellung geben sollten. Auch die sind weder vollständig, noch perfekt. Aber das war uns egal. Wir wollten schnell etwas Sinnvolles umsetzen. Wir haben in vielen Situationen so gehandelt und handeln immer noch so. Natürlich muss das mit Augenmaß geschehen, denn nur schnell zu sein und keine Qualität zu liefern funktioniert nicht.
Wir sind seit Jahren mit digitalen Methoden vertraut. Die Gründe dafür sind methodische Neugier und der konstante Drang, sich weiterzuentwickeln und die strategische Entscheidung, dass eine Diversifizierung Q krisensicherer macht. Da sind wir wieder beim Thema Resilienz.
Dennoch fordert uns die aktuelle Situation einiges ab. Wir befinden uns in einer Art Zwangsdigitalisierung, die ungeahnte Dynamiken entwickelt. Auch wir werden dabei Fehler machen, vor allem aber werden wir aus diesen Fehlern lernen und die richtigen Schlüsse ziehen. Das war schon vor Corona so und wird auch nach Corona eine Q Crew Eigenschaft bleiben.



Demut und Dankbarkeit – Zuversicht und Motivation

Wie sich die Situation für Q und andere Akteure der Branche weiterentwickeln wird, wissen wir nicht genau. Wir werden jedoch weiterhin mit aller Kraft daran arbeiten, Chancen zu kreieren und wenn sich Chancen und Möglichkeiten ergeben, werden wir zuschlagen. Das heißt, mental beweglich zu bleiben, aufmerksam und positiv.
Ich bin im Moment extrem dankbar, in einem Team zu arbeiten, das positiv ist, mitzieht, Ideen entwickelt, Verantwortung übernimmt und den Mut hat, Ideen zu entwickeln und diese umzusetzen. Das gilt für Kerstin, Thomas und mich in der Geschäftsführung, aber auch für alle anderen Kolleg*innen. Übrigens auch für unsere Praktikant*innen, für die eine solche Situation besonders hart sein muss, denn sie kennen die Q Crew noch nicht so gut und müssen sich nun über digitale Wege orientieren, Beziehungen aufbauen und Erwartungen einschätzen.
Ich verspüre aber auch eine gewisse Demut und Dankbarkeit, dass wir Partner haben und partnerschaftliche Beziehungen zu vielen unseren Auftraggeber*innen pflegen, die es uns ermöglichen, Projekte gemeinsam zu entwickeln und auch Sorgen und Freuden miteinander zu teilen. Das stimmt mich wahnsinnig zuversichtlich und ist extrem motivierend.


Stay healthy & optimistic.

Oliver Tabino

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